Vorberichte
des
Uebersetzers.

(I: Die Hölle)

Übersicht

Ich muß die Bescheidenheit der verdienstvollen Männer und würdigen Gelehrten öffentlich rühmen, deren unpartheyischer Beurtheilung ich gegenwärtige Uebersetzung eines so großen, als schweren Dichters unterworfen habe. Ich muß diesen weisen Menschenfreunden, für ihren Beyfall und für ihre liebreichen Erinnerungen, öffentlich danken. Und ich werde, von ihren gütigen Aufmunterungen zur Uebersetzung der beiden übrigen Gedichte, den erkenntlichsten Gebrauch machen. Denn ich muß der gegründeten Meynung beypflichten, daß ein jeder edeldenkender und scharfsinniger Leser endlich aus überzeugenden Gründen bekennen werde:

Dante ist ein großer und nützlicher Zeuge der Wahrheit.

(II: Das Fegfeuer)

Ich fahre fort, gelehrten Kennern und Freunden der Wahrheit und der Tugend die Uebersetzung des Dantischen zweyten Gedichts zu einer unpartheyischen Beurtheilung freymüthig zu unterwerfen. Solche Weisen denken edel, gesetzt und billig. Wie vorzüglich ist der unpartheyische Beyfall solcher Gelehrten, und würdiger Kunstrichter! Und diese wahren Beförderer der Wissenschaften ersuche ich öffentlich, mich ferner ihrer gütigen Erinnerungen zu würdigen.

Auch in diesem zweyten Gedichte sucht Dante den Menschen der Sklaverey des Lasters, diesem wahren Unglücke, zu entziehen, und ihn durch Tugend frey, zum Herrn seiner Sinnlichkeit, und glücklich zu machen. Er kriecht nicht als ein knechtischer Schmeichler. Kein schimmernder Glanz irrdischer Vorzüge verblendet ihn. Er redet frey. Und frey sagt er der geistlichen und politischen Welt, zum Besten der Kirche und des Staats, die reine und lautere Wahrheit.

So redet ein Mann, aus dem der Geist der Tugend spricht!
  Gellert.

Berühmte und vorzügliche Gelehrten nennen den Dante einen frommen und gelehrten Mann, einen lesenswürdigen Dichter und Theologen. Ich übergehe die zahlreichen und rühmlichen Lobsprüche, welche seinen Namen und Ruhm verewigen. Dein Name, sagt der gelehrte Abt Salvini in einer dichterischen Anrede an den Dante, dein Name, heiliger Dichter, ist über mein Lob erhaben. Gnug, daß du dem Weisen, und nicht dem Pöbel gefällst!

(III: Das Paradies)

Ich lege nunmehr der gelehrten und edeldenkenden Welt die Uebersetzung des dritten und letzten Dantischen Gedichts von dem Paradiese vor Augen. Ich gestehe es frey, daß mir die schwere Uebersetzung dieser drey außerordentlichen Gedichte auch eine außerordentliche Mühe verursacht hat. Und ich bekenne es öffentlich, daß meine hülflose Schulter unter der Last einer so schweren Arbeit oft gezittert, und mein Fuß auf so ungebahnten Wegen oft Fehltritte gethan hat.

Ich habe alle meine Kräfte gesammlet, um eine Unternehmung zu vollenden, über welche selbst weise und gelehrte Fürsten mir ihre Zufriedenheit in den huldreichsten Ausdrücken bezeigt haben. Und Hamburgs, Leipzigs, und andere gelehrte und würdige Kunstrichter haben, als vorzügliche Kenner des Dante, aus Einsicht und Billigkeit, durch ihren unpartheyischen Beyfall, durch ihre bescheidenen Erinnerungen, und durch ihre gütigen Aufmunterungen mir so viel Muth eingeflößet, daß ich solches öffentlich rühmen muß.

Allein werden nicht die erhabenen Wahrheiten in diesen lehrreichen Gedichten vielen Sterblichen von zu herbem, von zu scharfem Geschmacke seyn? - Auf diese Frage, welche Dante, aus Vorsicht, in Paradiese aufwarf, erhielt er daselbst folgende Antwort:

"Deine Stimme, die Stimme der Vernunft, der Tugend, und der Religion, wird gleich dem Winde seyn, der die höchsten Gipfel vorzüglich erschüttert; ein nicht geringes Zeichen einer edlen Seele. Nur einem mit eigener, oder mit fremder Schande befleckten Gewissen wird deine Rede empfindlich und herbe seyn. - Laß daher unreine Seelen immer dadurch verwundet werden. - Denn wird auch deine Rede anfangs von widrigem Geschmacke seyn, so wird sie nachher, wann sie verdauet ist, eine Nahrung zum Leben lassen."