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Vorwort.

      (S. VII) Indem ich diesen meinen ersten Versuch, das größte Werks des größten Dichters der Italiener in's Deutsche zu übersetzen und zu erklären, der Oeffentlichkeit übergebe, halte ich es für meine erste Pflicht, meinen unterthänigsten Dank gegen den durchlauchtigsten Herzog, meinen gnädigsten Landesherrn, auszusprechen, durch dessen Huld ich mit mehrern sehr kostbaren, zum Studium des Dante unentbehrlichen Büchern bin versehen worden. Sodann aber fühle ich mich gedrungen, den hochverehrten Dante-Kennern, den Herrn Professoren Blanc, Witte und Tholuck in Halle, so wie dem Herrn geheimen Oberjustiztrath Dr. Göschel in Berlin, meinen gehorsamsten Dank zu sagen für die gütige, meiner Arbeit durch Rath und That erwiesene Teilnahme, vor allem aber dem Herrn Professor Blanc für seine wahrhaft väterlich zuvorkommende Bereitwilligkeit, dieses mein Unternehmen zu fördern.

     (S. VIII) Da ich mich über den Gesichtspunct, von dem aus ich die göttliche Komödie zu übersetzen und zu erklären versucht habe, im Folgenden sattsam aussprechen werde, so bleibt mir hier nur wenig zu sagen übrig.

     Jeder Schriftsteller hat bei seiner Arbeit ein gewisses Publicum vor Augen; ich habe bei der meinigen zunächst an meine Standesgenossen, die Theologen, gedacht. Unter diesen möchte ich die Kenntniß eines an theologischen Schätzen so überrreichen Werkes, wie die göttliche Komödie, in weitern Kreisen verbreiten helfen und den der italienischen Spache kundigen Theil derselben an die Quelle selber hintreiben, deren Sprudel unmittelbar aus der Hand der Natur freilich besser schmeckt, als wenn er erst durch die künstliche Wasserleitung der Uebersetzung gegangen ist, in deren Röhren der urkräftige Geist des Originals großentheils verdampft. Meine nichttheologischen Leser, deren ich mir allerdings auch recht viele wünsche, muß ich daher um Verzeihung bitten, wenn ich in dem, was von theologischen Interesse ist, etwas ausführlicher bin und von allen andern, namentlich gechichtlichen Dingen nur das zum Verständniß Nothwendigste mittheile. (S. IX) Das aber wird mir Niemand verargen, daß ich bei der Auseinandersetzung allgemein bekannter oder doch in andern Büchern leicht nachzuschlagender Thatsachen oder Mythen mich nicht lange aufhalte, da, wenn ich die Grenzen meines Publicums auch noch so weit stecke, ich doch nicht über die einigermaßen wissenschaftlich gebildete Welt hinaus auf Leser rechnen kann.

     Verschweigen kann ich nicht, was ich den Arbeiten meiner Vorgänger schuldig bin. Die gewissenhaften geschichtlichen Forschungen von Philaletes haben mir besonders gute Dienste geleistet, da ich leider nicht im Besitzte der geschichtlichen Quellen bin, die ihm zu Gebote standen. So haben mir auch die Arbeiten von Kopisch zum Dante manchen lehrreichen Wink gegeben, obschon ich mit dem oft allzuwillkührlichen Verfahren desselben nicht einverstanden bin. Ein Kunstwerk, das so wäre, wie wozu Kopisch die göttliche Komödie macht, kommt mir vor, wie ein fruchtüberladener Baum, der keine Blätter hat. Nein, nein, der liebe Gott ist der rechte Poet, er hätte vielleicht die Früchte auch ohne die Blätter hervorbringen können, allein er wollte nicht bloß den Gaumen, sondern auch das Auge erfreuen. Zudem ist nicht zu vergessen, daß wie die Früchte einen (S. X) Stamm und Aeste brauchen, um darauf zu wachsen, so auch ein jedes Kunstwerk einen Grund und Boden braucht, um aufgeführt zu werden. Man darf somit nicht in Allem einen besondern Sinn finden wollen. Dante spricht sich in Bezug auf den mystischen Sinn in seiner Schrift über die Monarchie im dritten Buche mit den Worten des Augustin folgendermaßen aus: "Man muß nicht glauben, das Alles, was berichtet wird, auch etwas bedeute, sondern der Dinge willen, die etwas bedeuten, werden auch, die nichts bedeuten, eingewebt. Das bloße Pflugeisen reißt die Erde auf, aber damit das geschehen könne, sind auch die übrigen Theile des Pfluges nöthig." Für eine solche nothwendige Unterlage halte ich z. B. den Höllenfelsen, den Dante in seiner Dogmatik vorfand, und ich kann mich durchaus nicht entschließen, Christum, den Fels der Aergerniß, darin zu sehen.

     Freilich auf sehr schlüpfrigem Boden steht der Erklärer des Dante, und man muß es ihm wohl zu gute halten, wenn er einmal fällt. Wer nie fiele, von dem müßte man glauben, daß er die Gefahr vielmehr vermieden, als überwunden hätte. Hanc veniam damus et petismus. Ich halte nicht dafür, daß ich selbst nie fehl getreten hätte. Wenn der (S. XI) Verfasser selbst versichert, sein Werk sei ein vielsinniges, und man solle nur fleißig suchen, so kann es wohl nicht anders kommen, als daß man zuweilen etwas zu finden meint, wo er nichts versteckt hat. Ist das doch Streckfuß, dem man den Vorwurf, daß er zu viel suche, eben nicht machen kann, just da begegnet, wo er, - sonderbar genug! - aus einer ganz einfachen Stelle der göttlichen Komödie den mystischen Sinn herausholen unternimmt, Dante wolle uns vor zu vielem Suchen nach dem mystischen Sinn warnen (Hölle 31, 22).

     Bemerken muß ich noch, daß ich am Ende des des ganzen Werkes außer einer Lebensbeschreibung Dante's, eine geschichtliche, eine litarar-historische, ein ästetische und vor allen Dingen eine vollständige theologische Abhandlung zu geben gedenke.

     Nachdem ich mich nun mit meinen Lesern, mit meinen Vorgängern und mit meinen Beurtheilern einigermaßen verständigt habe, habe ich weiter nichts hinzuzufügen, als: Kommt und sehet! Solltet ihr dann einstimmig der Meinung sein, daß ich weder mit meiner Erklärung, noch mit meiner Uebersetzung die Sache in irgend einer Beziehung weitergeführt habe, so ist meine Mühe (S. XII) vergebens gewesen und die Fortsetzung der Arbeit unterbleibt.

     Demjenigen nun, dem ich als protestantischer Theolog mit dieser meiner geringen Arbeit von Herzen dienen möchte und als amtloser Candidat zu meinem Bedauern noch nicht besser dienen kann, Dem sei Preis und Ehre! Ich aber wünsche

     "Daß Gott bei dir nicht ohne Frucht abgehen/Die Lesung lass' o Leser!" - - (Hölle 20, 19.)

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